Privatpraxis Dr. Hohl-Radke
Psychotherapie - Psychiatrie - Neuropsychiatrie - Coaching - Supervision

EMDR

Eye Movement Desensitization and Reprocessing

EMDR ist in der Behandlung der posttraumatische Belastungsstörung und anderen Traumafolgestörungen wirksam. Aber auch bei Depressionen oder Angstzuständen zeigt sich die Methode effektiv. Dies gilt besonders, wenn belastende Lebensereignisse in der Entstehung der Störung eine bedeutsame Rolle spielen. Ebenso ist aber auch die psychotherapeutische Bearbeitung von starker Trauer nach Verlusterlebnissen und die Minderung von „Belastungsdruck“ bei vielen anderen belastenden Erinnerungen möglich. Eine besondere Stärke scheint die Methode möglicherweise bei der Bearbeitung gespeicherter "Körpererinnerungen" in Bezug auf belastende Ereignisse aufzuweisen.

Die EMDR-Methode hat sich als effektive und zeitökonomische Behandlungsmethode für die posttraumatische Belastungsstörung etabliert. (...) Entdeckerin und Entwicklerin der Methode ist Francine Shapiro Ph. D., eine Forscherin am Mental Research Institute in Palo Alto (Kalifornien). Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) fand zuerst Anwendung bei den psychotraumatischen Belastungssyndromen. Kernstück der Methode ist dabei ein auf den ersten Blick ungewöhnlicher Prozess, bei dem der Patient sich auf bestimmte Anteile der nicht ausreichend verarbeiteten Erinnerung konzentriert und gleichzeitig den Fingerbewegungen des Therapeuten mit den Augen folgt. (…) Dadurch scheint im Gehirn ein Informationsverarbeitungsprozess angestoßen zu werden, in dem für viele Patienten durch einfaches Verblassen der Erinnerung oder spontane assoziative Verbindungen eine rasche Entlastung spürbar wird. Auch bei den zehn bis 20 Prozent der Patienten, die im therapeutischen Prozess intensivere Gefühle erleben, scheint EMDR schneller zu wirken und weniger belastend zu sein als bisher in der Behandlung der psychotraumatischen Belastungssyndrome etablierte Therapieverfahren. Auch wenn – wie bei vielen anderen Psychotherapiemethoden – der definitive Wirkmechanismus von EMDR nicht letztlich geklärt ist, scheinen sich die Hinweise auf einen eigenständigen neurobiologischen Mechanismus zu erhärten. Ob es sich dabei um einen den im REM-Schlaf beobachteten Augenbewegungen ähnlichen Prozess oder um ein Aktivieren der sogenannten Orientierungsreaktion handelt, ist zurzeit Gegenstand intensiver Forschung. Psychophysiologische Messungen während EMDR-Behandlungen und Metaanalysen von Behandlungsstudien weisen dabei auf eine eigenständige Bedeutung der bilateralen Stimulation für die Wirksamkeit der EMDR-Methode hin. EEG-Monitoring von EMDR-Behandlungen zeigt Hinweise auf eine Normalisierung der Hirnaktivität im Sinne einer adaptiveren Informationsverarbeitung.

Das Modell der adaptiven Informationsverarbeitung (AIP-Modell) ist das Krankheitsmodell der EMDR-Methode. Im AIP-Modell wird die Grundlage für die Störung des Patienten, ähnlich wie bei anderen Psychotherapieansätzen, in belastenden Erinnerungen der Vergangenheit gesehen. Zentrale Annahme ist, dass im Gehirn des Menschen grundsätzlich die Möglichkeit angelegt ist, belastende Lebenserfahrung mit Hilfe eines angeborenen Informationsverarbeitungssystems adaptiv zu bearbeiten. Bei einer Störung dieser Verarbeitung, zum Beispiel durch eine traumatische Erfahrung, bleibt diese in ihrer fragmentierten, zustandsspezifischen Form gespeichert. Die Information kann so nicht verarbeitet werden und ist zum Beispiel durch Auslösereize in Teilen aktivierbar. Dies führt zu kognitiven und affektiven Symptomen sowie dysfunktionalem Verhalten: So kann sich ein Überfallopfer durch einen lauten Knall auf der Straße zum Beispiel in die frühere Erfahrung zurückversetzt fühlen und alarmiert Schutz suchen, obwohl es sich Jahre später und in einer sicheren Gegend befindet. Beim Einsatz der EMDR-Methode wird der Zugang zu genau derjenigen Erinnerung gesucht, die die Pathologie auslöst, um dann, unter anderem durch die bilaterale Stimulation, das adaptive Informationsverarbeitungssystem zu aktivieren, so dass die Erinnerung nachverarbeitet werden kann. Dabei werden beim Einsatz der EMDR-Methode weder detaillierte Schilderungen des belastenden Ereignisses noch eine prolongierte Exposition oder eine direkte Infragestellung von Glaubenssätzen notwendig. In unserem obigen Beispiel würde man das Überfallopfer daraufhin untersuchen, ob eine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, und wenn dem so ist, eine Bearbeitung der auslösenden Erinnerungen mit EMDR anbieten.

Der vorangehende Text basiert vor Allem auf folgenden Quellen: Hase, M. et al.: Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR): Eine ungewöhnliche Form der Psychotherapie. Deutsches Ärzteblatt, PP 12, Ausgabe November 2013, Seite 512 und „Was ist EMDR?“ unter https://www.emdria.de

 
 
 
Karte
Infos